Wer einen Personalausweis beantragt, muss seine Fingerabdrücke abgeben. Obwohl das oberste EU-Gericht dies als Eingriff in die persönlichen Rechte betrachtet, überwiegt der Nutzen gegenüber den Bedenken.
Speicherung der Fingerabdrücke
Die Fingerabdrücke werden grundsätzlich nur auf dem Personalausweis gespeichert. Allerdings dürfen sie für 90 Tage nach der Abgabe noch bei den Behörden verbleiben.
Kritik und Gerichtsverfahren
Ein Bürger beantragte bei der Stadt Wiesbaden einen Personalausweis ohne die Aufnahme seiner Fingerabdrücke. Die Stadt lehnte den Antrag ab, da seit August 2021 die Erfassung von zwei Fingerabdrücken im Personalausweis verpflichtend ist. Diese Regelung entspricht der EU-Verordnung, die Deutschland durch das Personalausweisgesetz umgesetzt hat.
Unterstützt von Digitalcourage e.V., wandte sich der Bürger daraufhin an das Verwaltungsgericht (VG) Wiesbaden. Das VG legte die Frage zur Klärung dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor, ob die Speicherung der Fingerabdrücke das Grundrecht auf den Schutz personenbezogener Daten verletzt. Das VG hegte Zweifel an der Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahme. Obwohl die Verwendung biometrischer Daten das Risiko von Dokumentenfälschungen verringert, gäbe es mildere Mittel, um Ausweisdokumente fälschungssicher zu machen, wie beispielsweise die Verwendung von Hologrammen.
Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH)
Die deutschen Richter legten die Angelegenheit zwecks Klärung dem EuGH in Luxemburg vor. Dieser entschied, dass der Nutzen der Fingerabdruckpflicht die damit verbundenen Bedenken überwiegt.
Die Pflicht zur Abgabe der Fingerabdrücke sei gerechtfertigt, da sie die Herstellung gefälschter Personalausweise und Identitätsdiebstahl bekämpft. Zudem erleichtert sie das Reisen und Umziehen in der EU, da die Menschen sich zuverlässig ausweisen können.
Die Speicherung der Fingerabdrücke dient auch der Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus. Allein auf das Foto zu vertrauen, reiche nicht aus, da sich die Gesichtsmerkmale im Laufe der Zeit verändern können.
Es gibt theoretisch Alternativen zum Fingerabdruck
Bürgerrechtler wie Rena Tangens von der Organisation „Digitalcourage“ bedauern, dass das Gericht keine anderen, weniger invasive technischen Alternativen zum Fingerabdruck in Betracht gezogen hat. Tangens schlägt vor: „Es gäbe zum Beispiel alternative komplexe Druckverfahren, 3D-Hologramme, mit denen man die Sicherheit gewährleisten könnte, jedenfalls weitgehend.“ Sie räumt jedoch ein, dass es dabei keine hundertprozentige Sicherheit gibt.
Was sind die Risiken der Speicherung?
Tangens warnt außerdem vor den Risiken der Speicherung der Fingerabdrücke bei den Behörden für bis zu 90 Tage. Sie betont, dass kommunale Rechenzentren angreifbar sind und dass die Daten von Hackern missbraucht werden könnten.
Digitalcourage kämpft weiterhin
Trotz der Entscheidung des EuGH plant die Bürgerrechtsorganisation „Digitalcourage“, weiter für den Schutz der Privatsphäre zu kämpfen. Der EuGH hat einen formalen Fehler festgestellt, daher muss die Verordnung vom Europaparlament und vom Europäischen Rat bis Ende 2026 neu erlassen werden. Dies gibt den Aktivisten Zeit, auf die Gefahren hinzuweisen und möglicherweise eine erneute Überprüfung der Angelegenheit zu erreichen.